Leipzig, Trebsen, Borna, Meerane – das sind die fünf sächsischen von insgesamt bisher 394 deutschen Städten, Kommunen und Landkreisen, welche sich im Verbund „Kommbio“ der Förderung der biologischen Vielfalt innerhalb ihrer Kommunen verschrieben haben.
Artenschutz im Siedlungsraum – Biodiversität innerhalb der Städte? Wie soll das gehen, wie soll das aussehen?
Was jetzt bei manchem Bürgermeister oder Bauhofchef vielleicht die Befürchtung erweckt, hier hätte jemand die Metapher des Großstadtdschungels allzu wörtlich genommen und ein frankensteingrünes Pflanzenungeheuer zum Leben erweckt – oder noch schlimmer – hier käme weitere Arbeit und damit Kosten für Heerscharen von Landschaftsgärtnern auf die chronisch klammen Kommunen zu, kann aufatmen und sich in diesem Artikel vom Gegenteil überzeugen.
Seit ziemlich genau 30 Jahren verfolgt man in der 17-Tausend Seelen Kommune „Bad Saulgau“ in der Bodensee-Region ein nachahmenswertes Biodiversitäts-Konzept. Und das haben wir uns im April 2024 vor Ort angeschaut.
Städtische Grünflächen, Straßenbegleitgrün, Parkelemente und Rabatten im öffentlichen Raum wurden unter intensiver Zusammenarbeit zwischen dem Umweltbeauftragten Thomas Lehenherr, Stadtgärtner Jens Wehner, wechselnden Bürgermeistern und dem städtischen Bauhof von „Einheitsgrün“ in „Artenreiches Grün“ verwandelt.
So wurden nahezu alle städtischen Grünflächen im Laufe der Jahre mit standortgerechten, größtenteils einheimischen Blumen, Kräutern, Stauden und Gehölzen bepflanzt. Was in der Anlage natürlich zunächst mit Arbeit und dem Aneignen von Expertise verbunden war, hat sich über die Zeit und durch gute fachliche Praxis zu dem Standortfaktor schlechthin entwickelt – für Bewohner, Touristen, aber auch für die Tier- und Pflanzenwelt. Insektenschwund? Fehlanzeige! Singvögel? Omnipräsent!
Während die artenreich gestalteten Flächen im Laufe der Jahre einen immer größeren Anteil ausmachten, sank gleichzeitig der Pflege-, Kosten- und Betreuungsaufwand für die städtischen Mitarbeiter. Mit gleichem Personal- und Kostenaufwand kann inzwischen das 4fache an Flächen betreut werden, als noch in den 90er Jahren. Gießen, Mähen, Düngen, Müll beräumen – auf vielen etablierten Flächen spielt das eine substanziell geringere Rolle als auf konventionellen Rasenflächen.
Trotzdem bzw. gerade deshalb wirkt die Stadt zu fast jeder Jahreszeit wie ein freundlicher blühender Garten.
Und wenn auf dem sommerlichen Marktplatz dann zwischen Eiscafé-Freisitz und Biergarten halbzahme Jungstörche nach ersten Flugversuchen rasten, beschleicht einen schonmal der naive Gedanke, es könnte doch einfach überall so sein.
Lesetipp: Im Januar 2022 hatten wir eine sehr interessante Online-Veranstaltung mit Herrn Lehenherr aus Bad Saulgau. Eine Nachlese dazu ist hier zu finden und noch immer lesenswert: https://klima-initiative-taucha.de/hauptstadt-der-biodiversitaet-zu-gast-in-taucha